Was ist eine Osteria? Eine wundervolle Besonderheit in Italien, die alle an einen Tisch bringt!
Eine Osteria ist ein Ort der Kultur, jener volkstümlichen, erdverbundenen, des schon gehört und gesehen habens. Ein Schmelzpunkt, eine Mischung aus Aromen, Geschmäckern, Geschichten und Menschen.

Diese Osteria im Veneto, ist so eine wie ich sie in meinem Roman beschreibe, mit alten Wurzeln und einer bewegten Vergangenheit. Sie repräsentiert mit ihrer alten Seele einen Ort der Gastlichkeit, für ein paar angenehme, kurzweilige und glückliche Stunden oder, um nur ein Glas Wein still in einer Ecke zu trinken.
Laura steht lange bevor Valentina kommt, bereits in der Küche. Für sie ist kochen eine Passion und diese Leidenschaft erbte sie wohl von ihren Vorfahren. Großmutter Ariannas Aussage: "Rezepte sind nutzlos, wenn man kein Verständnis dafür hat, wie sich die einzelnen Zutaten miteinander verbinden und vor allem muss man die Menschen mögen, für die man kocht, um diese Arbeit auch gut zu machen!"

Aus den Pfannen steigt köstlich aromatischer Duft auf, als Valentina zur Tür hereinkommt: "Das riecht ja fantastisch!" Mit einem Lachen quittiert Laura den begeisterten Ausruf und beugt sich leicht über die Pfanne, fächelt mit beiden Händen das aufsteigende Aroma zur Nase und nickt zustimmend. Dann stehen die zwei äußerlich sehr unterschiedlichen Frauen nebeneinander in der Küche und besprechen die Speisefolge für das Mittagessen.
"Heute ist Sonntag und da führen die anspruchsvollen Ehemänner ihre Frauen und Familien zum Essen aus. Ja, und eine kleine Geburtstagsfeier haben wir auch!", erklärt Laura, "Signora Zardo feiert mit ein paar Freundinnen ihren Festtag bei uns. Eine zierliche, aber resolute alte Dame. Ihr Mann war Sizilianer und Oberst bei den Carabinieri, ein schöner, stattlicher Mann, aber sehr eifersüchtig, wie sie mir einmal erzählte. Sie haben sich bei einer Weinlese kennen gelernt und sich ineinander verliebt."

"Zuerst servieren wir antipasti, eingelegtes und gegrilltes Gemüse mit Prosciutto und Brot, dazu Prosecco fermo, denn unsere Landsleute hassen es, auf das Essen zu warten.

"Also, als primo", liest Valentina anschließend laut vor, "gnocchi mit radicchio di Treviso und als secondo costolette alla griglia mit Polenta."

"Und zum süßen Abschluss", setzt Laura fort, "servieren wir unsere spezielle panna cotta mit Erdbeersoße und Früchten!"

Am Tisch von Signora Zardo steht ein großer Strauß Blumen und Laura wünscht der Jubilarin alles Gute zum Geburtstag. Alles an der alten Dame ist heute in einem lila Ton, auch ihre sorgfältig ondulierten weißen Haare schimmern in lila. Sie strahlt über das ganze Gesicht und trägt ihre Freude wie einen warmen Schal um die zierlichen Schultern. Spontan heben nun auch die Gäste an den Nachbartischen ihre Gläser, um der Jubilarin mit lauten Rufen "auguri" zuzuprosten.
Bei ihrer Runde durch den Speisesaal begrüßt Laura die beinahe gefürchtete, Alfonsina Neuroni, die mit einer zierlichen, unscheinbaren Brünetten am Tisch sitzt und von allen nur die Tageszeitung genannt wird. Sie ist groß, korpulent und trägt immer schwarz, in der Hoffnung darin etwas schlanker zu wirken. Ihren kleinen, flinken Augen scheint nichts zu entgehen und was sie nicht sieht, wird dann in ihrer Sichtweise interpretiert: "Laura ist einfach zu hübsch, um nicht irgendwo einen Liebhaber zu haben", raunt sie ihrer Begleiterin mit gespitzten Lippen zu. Aber da wechselt Laura schon ein paar Wörter mit den Signori Beni und Brunello, die schon lange ein Paar sind, der eine schon etwas rundlich um die Mitte und der andere schmalbrüstig und im rosa Pullover.
Bei der Verabschiedung nach Stunden des Genießens wird Laura mit Komplimenten überhäuft und wenn sich die von ihr bewirteten Menschen beim Weggehen vielleicht etwas glücklicher fühlen und sie zufrieden umarmen, hat sie das Gefühl, gut gearbeitet zu haben.
📕 Auszüge - "L'Osteria antica und die geheime Tür"
Italien Besonderheiten
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